Leitfaden zum Tool
Inhalt
1 EINLEITUNG
2 BERECHNUNG MIT DEM ESTEM-WEBTOOL
3 NAVIGATION IM ESTEM-WEBTOOL
3.1 Aufbau des Webtools
3.2 Bedienung des Webtools
3.2.1 Projektangaben
3.2.2 Dateneingabe
3.2.3 Ergebnisse
3.2.4 Exportieren
3.2.5 Speichern und Projekt fortsetzen
3.2.6 Hinterlegte Daten
3.2.7 Glossar
4 DIE LEITFRAGEN IM ESTEM-WEBTOOL
4.1 Produktbezogener Materialverbrauch (Leitfrage I)
4.2 Benötigte Betriebsstoffe (Leitfrage II)
4.3 Kapital- bzw. Investitionsgüter (Leitfrage III)
4.4 Energieerzeugung am Standort (Leitfrage IV)
4.5 Direkte THG-Emissionen (Leitfrage V)
4.6 Energiebedarf (Leitfrage VI)
4.7 Entsorgung nach der Nutzung (Leitfrage VII)
4.8 Produktionsspezifische Abfälle und Entsorgung (Leitfrage VIII)
4.9 Materialverbrauch in der Nutzphase (Leitfrage IX)
4.10 Energieverbrauch in der Nutzphase (Leitfrage X)
5 BEISPIELHAFTE ANWENDUNG DES ESTEM-WEBTOOLS (FALLBEISPIELE)
5.1 Fallbeispiel 1: Leichtbau
5.2 Fallbeispiel 2: Einsatz von Recyclingmaterial
5.3 Fallbeispiel 3: Effekt auf Nutzphase
5.4 Fallbeispiel 4: Verminderter Materialeinsatz im Prozess
5.5 Fallbeispiel 5: Investitionsmaßnahme
5.6 Fallbeispiel 6: Kreislaufwirtschaftliche Maßnahme
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1 Einleitung
Es muss betont werden, dass dieses Tool für eine standardisierte Bewertung von Materialeffizienzmaßnahmen vorgesehen ist. Damit soll eine Vergleichbarkeit gewährleistet werden, die erforderlich ist, wenn zum Beispiel Prioritäten in Förderprogrammen festgelegt werden müssen. Das Tool ist in erster Linie für die Antragstellung von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) gedacht und muss deshalb einfach zu handhaben sein. Es ersetzt keine fortgeschrittenen Bewertungsverfahren wie beispielsweise ein Life Cycle Assessment (LCA) bzw. eine Ökobilanz nach ISO EN DIN 14040/44, einen Carbon Footprint nach ISO EN DIN 14064, ISO EN DIN 14067 bzw. das GHG Protocol (2011) oder einen europäischen Product Environmental Footprint (PEF) [1]. Deshalb sollten das Tool bzw. die ihm zugrundeliegenden Berechnungsverfahren und Daten auch nie ersatzweise für entsprechende Bilanzen auf Produkt- oder Unternehmensebene eingesetzt werden
Die im ESTEM-Webtool abgebildeten Maßnahmen zur Materialeffizienz orientieren sich an der Maßnahmenliste aus der VDI-Richtlinie 4800 Blatt 1 „Ressourceneffizienz“. Ein Großteil dieser Ansatzpunkte kann mit dem Tool bewertet werden. Es wird empfohlen, diese Maßnahmenliste und ihre Beschreibungen aus der VDI-Richtlinie 4800 Blatt 1 für die Berechnung der THG-Emissionen heranzuziehen (siehe Tabelle 1):

Tabelle 1: Beispiele für Materialeffizienzmaßnahmen in Anlehnung an die VDI 4800 [2]
Meistens besteht ein Förderprojekt zur Materialeffizienz aus einer Praxisanwendung, die die Wirkung mehrerer Einzelmaßnahmen entsprechend der Tabelle 1 abdeckt (siehe Abbildung 1). Die Minderung der THG-Emissionen des Projekts ergibt sich dann aus der Summe der Einzelmaßnahmen. So kann beispielsweise ein Material substituiert werden, woraus ein geringerer Carbon Footprint (CF) in der Beschaffung resultiert. Dessen Verarbeitung in einem Produkt kann weiterhin einen geringeren (oder auch höheren) Energiebedarf in der Nutzphase zur Folge haben, das Produkt kann dadurch leichter repariert oder der Werkstoff am Produktlebensende besser recycelt werden. Diese Einzeleffekte gilt es, bei der Bewertung eines Projekts zu berücksichtigen.

Abbildung 1: Beispiel für ein Projekt mit einer Praxisanwendung, die mehrere Maßnahmen zur Materialeffizienz beinhaltet (eigene Darstellung)
Grundsätzlich sollte die Einsparung an THG-Emissionen infolge einer Maßnahme oder eines Maßnahmenbündels durch eine Vorher-Nachher-Betrachtung erfolgen. Das bedeutet, es müssen die Ermittlung der Emissionen vor Maßnahmeneinführung und die entsprechende Ermittlung nach Maßnahmeneinführung erfolgen. Hierbei sind die Wahl der Bilanzgrenzen sowie die Berücksichtigung beeinflussender Faktoren relevant, woraus eine umfängliche Analyse resultiert. Zum Beispiel müsste berücksichtigt werden, ob durch die Einführung der Maßnahme die Aktivität des Unternehmens (Produktionsvolumen oder Umsatz) beeinflusst wird. Dies könnte passieren, wenn Preis- oder Kostensätze verändert werden. Diese weitreichenden Einflussfaktoren können bei dem hier vorgesehenen einfachen Berechnungsverfahren nicht berücksichtigt werden.
Das Berechnungsverfahren und somit das Tool setzt stattdessen auf eine Differenzenbetrachtung bzw. auf eine sogenannte Delta-Analyse. Das heißt, es wird abgeschätzt, welche Änderungen am bestehenden System durch die Maßnahme bzw. das Maßnahmenbündel verursacht werden. Diese Änderungen werden in zehn Abschnitten systematisiert und durch Leitfragen ausgedrückt. Hierzu sind im ESTEM-Webtool jeweils quantitative Angaben vorzunehmen. Werden Minderungseffekte des Projekts dadurch nicht ausreichend abgedeckt, so können ergänzende Angaben gemacht werden, die allerdings detailliert zu dokumentieren sind. Hierfür bietet das ESTEM-Webtool ein gesondertes Eingabefeld am Ende.
Die Anwendung des Tools sollte durch eine Person im Unternehmen erfolgen, die das geplante Projekt kennt, technischen Sachverstand aufweist und quantitative Angaben zum Projekt machen kann.
Das ESTEM-Webtool bzw. die zugrundeliegenden Daten werden regelmäßig aktualisiert. Deshalb sollte stets die neueste Version verwendet werden. Weitere Angaben zur Auswahl der verschiedenen Versionen sind in Kapitel 3.2.1 beschrieben.
2 Berechnung mit dem ESTEM-Webtool
Maßnahmen und deren Umsetzung haben häufig weitreichende Wirkungen auf die THG-Emissionen. Sie können direkt, aber auch indirekt an anderer Stelle erfolgen. Deshalb ist die Wahl der Systemgrenzen entscheidend, um zu eruieren, was bei der Bilanzierung mitberücksichtigt werden muss. Für das ESTEM-Webtool wurden vereinfacht die in Abbildung 2 dargestellten Systembereiche einbezogen. Ausgangspunkt ist dabei das lokale Unternehmen, auf das die Maßnahmen bezogen sind. Neben den direkten Emissionen des Unternehmens gehören auch die Lieferketten von Vorprodukten und Energie sowie die Entsorgung von Abfällen, die Nutzung und die Entsorgung der Produkte dazu.
Die Berechnung von THG-Emissionen erfolgt meistens nach dem folgenden Muster:
Emissionen E = Aktivität A x Emissionsfaktor EF
oder kurz:
E = A · EF
Aktivitäten können Materialmengen [in kg oder t], Brennstoff- oder Energiemengen [in Kilogramm, Liter, Kilowattstunde oder Megawattstunde], Transportkenngrößen [in Tonnen-Kilometer] o. Ä. sein. Die Emissionsfaktoren müssen sich jeweils auf diese Aktivitätsgrößen beziehen, z. B. t CO2e/t Material. CO2e bedeutet CO2-Äquivalent. Hier sind andere Treibhausgase wie z. B. Methan oder Lachgas mit entsprechenden Umrechnungsfaktoren bereits eingerechnet.
Sind die Aktivitäten pro Zeiteinheit oder pro Produktmenge angegeben, so werden die Emissionen pro Zeiteinheit oder pro Produktmenge errechnet (Einheiten in eckigen Klammern):
E [t CO2e/a] = A [t Material/a] · EF [t CO2e/t Material]

Abbildung 2: Die in ESTEM vereinfachten Systemgrenzen, innerhalb der die THG-Emissionen bilanziert werden (eigene Darstellung).
Beispiel
Es werden 200 t Konverterstahl pro Jahr eingesetzt. Der Emissionsfaktor für die Bereitstellung von Konverterstahl beträgt 2,182 t CO2e/t Stahl.
Dann ist:
E = 200 t Stahl/a · 2,182 t CO2e/t = 436,4 t CO2e/a
Der Emissionsfaktor für THG-Emissionen von Materialien, Produkten oder Dienstleistungen wird häufig als Carbon Footprint (CF) bezeichnet. Er umfasst auch die Emissionen der Lieferkette dieser Materialien, sodass sie nicht im Detail analysiert werden muss.
Bei der vorliegenden Berechnungsmethode sind nicht die absoluten Emissionen von Interesse, sondern die Änderungen durch die betreffenden Maßnahmen. Das bedeutet, in ESTEM wird nur die Änderung der Aktivität ΔA angegeben, die zu einer Änderung der Emissionen ΔE führt:
ΔE = ΔA · EF
Einsparungen oder Minderungen werden im Tool an entsprechender Stelle abgefragt (vgl. Kapitel 3.2.2). Einsparungen werden im Tool mit einem negativen Vorzeichen und in grüner Farbe abgebildet, Mehraufwände mit einem positiven Vorzeichen und in roter Farbe.
Beispiel
Es werden 50 t Konverterstahl pro Jahr eingespart. Der Emissionsfaktor
für die Bereitstellung von Konverterstahl beträgt 2,182 t CO2e/t Stahl
und die eingesparte Menge an Emissionen dann:
ΔE = -50 t Stahl/a · 2,182 t CO2e/t = -109,1 t CO2e/a
Das ESTEM-Webtool ist so aufgebaut, dass die Aktivitäten des Unternehmens angegeben werden müssen, sprich die Mengen an eingespartem Material, Energie usw. Die Emissionsfaktoren sind hingegen fest vorgegeben und im ESTEM-Webtool hinterlegt. Sie können nicht verändert werden. Die Werte werden regelmäßig aktualisiert. Deshalb ist es wichtig, mit der jeweils aktuellen Version zu rechnen, da sich Emissionsfaktoren mit der Zeit verändern können (vgl. Kapitel 3.2.1 ). Im ESTEM-Webtool muss entsprechend angegeben werden, ob das Projekt zu einer einmaligen oder zu einer kontinuierlichen Emissionsminderung führt.
Im Rahmen der Eingabe der Aktivitäten in das ESTEM-Webtool ist darauf zu achten, dass die gleiche Einheit gewählt wird, auf die sich die Emissionsfaktoren beziehen. Bei Energieträgern sind u. U. Umrechnungen erforderlich. Dafür werden die in Tabelle 2 dargestellten Umrechnungsfaktoren verwendet werden.

Tabelle 2: Umrechnungsfaktoren für den Heizwert von Energieträgern (BAFA 2021)
Alle Maßnahmen und errechneten Emissionsminderungen werden auf ein Jahr bezogen. Ausgangspunkt sind dabei die Status-quo-Emissionen bzw. die Änderungen dieser. Es werden keine Projektionen in die Zukunft vorgenommen, da in einem solchen Fall ein Großteil der erforderlichen Annahmen (Produktmengen, Umsatz etc.) rein spekulativer Natur wären.
Im Zuge einer kontinuierlich wirkenden Maßnahme wird also von ihrer Minderungswirkung im ersten Jahr ausgegangen. Bei einer einmalig wirkenden Maßnahme werden die Emissionsminderungen gleichmäßig auf drei Jahre verteilt und anschließend wird ein Jahr als Vergleich gewählt. Gleiches gilt für die Emissionen innerhalb der Nutzphase von sogenannten langsam drehenden Produkten, deren Nutzungsdauer mehr als ein Jahr beträgt. Bei der Abschreibungszeitdauer der Emissionen von Investitionsgütern wird ebenfalls von drei Jahren ausgegangen, kann allerdings im Tool individuell angepasst werden.
Wie werden im ESTEM-Webtool geplante oder bereits erfolgte Änderung der Aktivität (ΔA) angegeben?
In der ESTEM-Berechnungsmethodik werden die THG-Emissionen durch Änderungen der Material-, Energie-, oder Transportbedarfe bilanziert. Diese Änderungen bzw. dieses „Delta“ kann zum Beispiel durch folgende Szenarien abgebildet werden:
- Gegenwärtige und zukünftige Bedarfe („Ist-Soll“): Im Zuge einer geplanten Maßnahme werden sich die in ESTEM abgebildeten Bedarfe in der Zukunft ändern.
- Gegenwärtige und vergangene Bedarfe („Ist-War“): Im Zuge einer bereits durchgeführten Maßnahme entstanden im Vergleich zum Ursprungszustand vor der Maßnahme Änderungen in den Bedarfen.
Folgende wichtige Aspekte gilt es hierbei außerdem zu beachten:
- Alle Änderungen der Bedarfe beziehen sich in ESTEM auf ein Jahr. Maßnahmen, die sich auf mehr als ein Jahr beziehen, müssen dementsprechend von Seiten der Nutzenden umgerechnet werden.
Werden zum Beispiel im Kontext von Fördermaßnahmen Ergebnisse zu Projektbeginn („Ist-Soll“) und zum Projektende („Ist-War“) in ESTEM abgebildet, so ist es wichtig, in beiden Berechnungen mit derselben Version von ESTEM, sprich demselben Datensatz, zu rechnen.
Weiterführende Informationen hierzu sind in Kapitel 3.2.1 zu finden.
3 Navigation im ESTEM-Webtool
Die Landingpage des ESTEM-Webtools bietet kurze Hintergrundinformationen zur ESTEM-Methodik sowie einen weiterführenden Link zu mehr Informationen und Hinweisen. Um Berechnungen im Tool durchzuführen, stehen Nutzenden zwei Auswahlmöglichkeiten frei. Neben dem Start eines neuen Projektes („Neues Projekt“) können so auch bereits bearbeitete Speicherstände fortgesetzt werden („Projekt fortsetzen“). Um die Funktion „Projekt fortsetzen“ nutzen zu können, muss der Link zum jeweiligen Projekt, das bearbeitet werden soll, im Vorfeld abgespeichert worden sein. Um das Tool nutzen zu können, ist keine Anmeldung oder Erstellung eines Accounts notwendig.
3.1 Aufbau des Webtools
Das ESTEM-Webtool ist linear aufgebaut und führt die Nutzenden schrittweise durch verschiedene Auswahlmöglichkeiten und zugehörigen Eingabemasken. Am Ende des Prozesses erhalten die Nutzenden eine Übersicht der Gesamtergebnisse und die Möglichkeit, ein PDF mit den Ergebnissen zu erstellen.
Die Step-Pages sind zudem einheitlich strukturiert: Auf der linken Seite befindet sich die Navigation, im mittleren Bereich werden die erforderlichen Aktionen durchgeführt, und rechts werden ergänzende Informationen angezeigt (vgl. Abbildung 3). Hinweise und Zusatzinformationen werden im Tool durch abrufbare Infobuttons oder Ausrufezeichen hervorgehoben.

Abbildung 3: Darstellung der Struktur im ESTEM-Webtool: Navigation (links), Auswahl und Eingabefelder (mittig), Zusatzinformationen (rechts)
3.2 Bedienung des Webtools
Im Folgenden werden die einzelnen Handlungsschritte im ESTEM-Webtool detailliert erläutert. Zur besseren Nachvollziehbarkeit werden die zu durchlaufenden Schritte zudem anhand eines beispielhaften neuen Projekts veranschaulicht.
Die Punkte Speichern und Fortsetzen eines Projekts werden in Kapitel 3.2.5 erläutert.
3.2.1 Projektangaben
Bevor ein neues Projekt angelegt werden kann, müssen Nutzende die Version des ESTEM-Webtools auswählen. Die verschiedenen Versionen des Tools resultieren aus Anpassungen der hinterlegten THG-Emissionsfaktoren, die durch regelmäßige Aktualisierungen der zugrundeliegenden Datenbanken erforderlich werden.
Zukünftig sollen auch weitere kostenlose Datenbanken im ESTEM-Webtool integriert werden, sofern die Voraussetzungen hierfür gegeben sind.
Für eine Vergleichbarkeit, insbesondere bei mehreren Berechnungen innerhalb eines Fördervorhabens über einen Zeitraum von mehreren Jahren, ist es maßgeblich, dieselbe Version zu verwenden.
Sollten bereits Berechnungen mit einer früheren Version von ESTEM durchgeführt worden und ein Vergleich mit neuen Ergebnissen notwendig sein, kann die entsprechend ältere Version über das Auswahlmenü gewählt werden. Standardmäßig ist im ESTEM-Berechnungstool immer die aktuelle Version hinterlegt.
Vor Eingabe der Änderung von Material-, Energie- und weiteren Bedarfen ist die Angabe von weiteren Informationen und Hintergründen notwendig. Diese werden nachfolgend genauer beschrieben.
Projektbezeichnung
Die Projektbezeichnung sollte prägnant und einprägsam sein und sich auf wenige Wörter beschränken. Wird das ESTEM-Webtool im Rahmen eines Förderprogramms verwendet, ist die im Zuge der Förderung festgelegte Projektbezeichnung zu nutzen.
Ressourceneffizienzmaßnahmen
Die Beschreibung der geplanten oder durchgeführten Ressourceneffizienzmaßnahmen liefern wichtige Informationen, um die anschließend durchgeführten Berechnungen besser nachvollziehen zu können. Das ist zum Beispiel dann wichtig, wenn nicht in das Projekt involvierte Personen wie Gutachterinnen und Gutachter die Berechnungen nachvollziehen sollen. Aus diesem Grund ist es für Nutzende wichtig, die Angaben möglichst plausibel darzustellen. Folgende Aspekte werden in diesem Kontext zwingend abgefragt:
- Art der Einsparung: Für das ESTEM-Berechnungsverfahren ist es wichtig zu unterscheiden, ob es sich um einmalige oder kontinuierliche Einsparungen handelt. Auf Basis der Angaben wird ein Faktor gebildet, der die jeweiligen Ergebnisse beeinflusst. Bei kontinuierlichen Einsparungen erfolgt eine jährliche Abschreibung, wobei die bilanzierten THG-Emissionen durch 1 dividiert werden. Handelt es sich um einmalige Einsparungen, werden die Ergebnisse über drei Jahre abgeschrieben (Division durch 3). Die entsprechenden Fragen im ESTEM-Webtool sind hierfür vorgesehen. Bei kontinuierlichen Einsparungen müssen die durchschnittlichen jährlichen Einsparungen angegeben werden.
- Ausgangssituation: Um die Berechnungen und die damit verbundenen Änderungen bei Material-, Energie- und Transportbedarfen besser nachvollziehen zu können, ist es wichtig, die Ausgangssituation bzw. den Status quo zu beschreiben. Dies hilft insbesondere, wenn die Ergebnisse im ESTEM-Webtool an nicht beteiligte Personen, wie Kolleginnen und Kollegen oder Gutachterinnen und Gutachter von Förderprogrammen, weitergegeben werden sollen. Es sollte ein klarer Kontext zu den geplanten oder bereits durchgeführten Maßnahmen hergestellt werden, um eine bessere Nachvollziehbarkeit zu gewährleisten.
- Beschreibung der Maßnahmen: Vorhaben zur Einsparung von Material, Energie und Transport können vielseitig sein. In diesem Abschnitt ist es daher wichtig, die wesentlichen geplanten oder durchgeführten Maßnahmen detailliert zu beschreiben. Typische Maßnahmen umfassen beispielsweise Verbesserungen der Prozesse oder des Produktdesigns, Substitutionen, den Einsatz von Recyclingmaßnahmen oder Anpassungen in der Logistik. Die genaue Beschreibung dieser Maßnahmen dient dem gleichen Ziel wie die Beschreibung der Ausgangssituation: eine bessere Nachvollziehbarkeit der Veränderungen und der damit verbundenen Einsparungen zu gewährleisten.
- Wirkweise/ Maßnahmentyp: Neben der Beschreibung der geplanten oder durchgeführten Maßnahmen ist es wichtig, auch die jeweiligen Wirkweisen zu erläutern, die zu Veränderungen der
Material-, Energie- oder Transportbedarfe führen. Im ESTEM-Webtool können verschiedene Aspekte der Wirkweise beschrieben werden. Dazu gehören beispielsweise Änderungen der Materialart oder Substitutionen, der Einsatz von Sekundärrohstoffen und deren Effekt auf die Nutzphase, wie auch die Vermeidung oder Verminderung von Input-Stoffflüssen im Prozess selbst oder durch interne Kreislaufführung. Klassische Maßnahmen wie Mengenreduktion und umweltfreundlichere Alternativen sollten ebenso berücksichtigt werden. Eine detaillierte Beschreibung dieser Wirkweisen im Tool wird in Kapitel 4 näher erläutert. - Datenbasis für Material-/ Energieänderungen: Das ESTEM-Webtool berechnet THG-Emissionen auf Basis von Änderungen (Deltas) insbesondere des Materialbedarfs. Diesen Änderungen müssen von Seiten der Nutzenden bestimmt werden (vgl. Kapitel 2). Im ESTEM-Webtool sind standardmäßig Emissionsfaktoren hinterlegt. Fehlende Emissionsfaktoren können allerdings selbstständig durch die Nutzenden ergänzt werden. Allerdings sollten bereits im Tool existierende Emissionsfaktoren nicht durch eigene Angaben ersetzt werden. Die hierfür notwendigen Angaben erfolgen in einem separaten Feld im Fragenblock (vgl. Kapitel 3.2.2).
Betroffene Lebenszyklusphasen
Berechnungen im ESTEM-Webtool erfolgen auf Basis festgelegter Leitfragen. Diese Fragen adressieren unterschiedliche Lebenszyklusphasen. Zur besseren Übersicht können Nutzende durch die Auswahl der in ihrem Projekt involvierten Lebenszyklusphasen die anschließend gestellten Leitfragen automatisch eingrenzen (sog. Tailoring). Die Auswahl der betroffenen Lebenszyklusphasen und damit auch der relevanten Fragen erfolgt mittels Hakensetzung an den vorgesehenen Stellen (vgl. Abbildung 4).

Abbildung 4: Ausschnitt der wählbaren Lebenszyklusphasen im ESTEM-Webtool
Um besser beurteilen zu können, welche Lebenszyklusphasen für die verschiedenen Maßnahmen der Materialeffizienz von Bedeutung sind, werden sie im Folgenden kurz beschrieben.
Bereitstellung von Energien: Dieser Aspekt zielt in erster Linie auf veränderte Bezugsmengen an elektrischem Strom ab und betrifft Emissionen, die außerhalb des Unternehmens durch den Energiebezug erfolgen. Sie entsprechen den sogenannten Scope-2-Emissionen gemäß Greenhouse Gas Protocol und enthalten ggf. auch die damit verbundenen Scope-3.3-Emissionen.
Bereitstellung von Ressourcen und Gütern: Die Abfrage bezieht sich auf die Bereitstellung von Rohstoffen und Vorprodukten, die für die Produkte benötigt werden. Die ermittelten Werte gehören gemäß Greenhouse Gas Protocol (2011) zu den sogenannten Scope-3-Emissionen und dort wiederum zu den Unterkategorien 3.1 und 3.4.
Unternehmen im Fokus: In diesem Bereich werden sämtliche Emissionen adressiert, die direkt im Unternehmen entstehen oder im unmittelbaren Einflussbereich eines Unternehmens sind. Sie entsprechen den Scope-1-Emissionen aus dem Greenhouse Gas Protocol.
Nutzung des Produkts: Dieser Bereich bezieht sich auf die spätere Nutzphase, die ebenfalls durch die beschriebene Materialeffizienzmaßnahme beeinflusst werden kann. Gemäß Greenhouse Gas Protocol handelt es sich hierbei um Scope-3-Emissionen der Unterkategorien 3.9, 3.10 und 3.11.
Behandlung Produktionsreste, -abfälle etc.: Unter diesem Gesichtspunkt werden unterschiedliche Herkunftsbereiche von produktionsspezifischen Abfällen erfasst: der Verlust von Materialien bei der Herstellung von Produkten (z. B. Verschnitt), Reststoffe aus der Produktion (z. B. Schlacken, Rückstände aus der Reinigung) sowie die verbrauchten Betriebsstoffe (z. B. Lösemittel, Kühlschmierstoffemulsionen). Gemäß Greenhouse Gas Protocol handelt es sich hierbei um Scope-3-Emissionen.
THG-Emissionen: Ebenfalls zur Kategorie der Scope-1-Emissionen gehören die direkt im Unternehmen resultierenden THG-Emissionen. Dazu gehören beispielsweise die Treibhausgase Kohlendioxid oder Methan.
Entsorgung des Produkts: Durch Materialeffizienzmaßnahmen kann es auch zu Veränderungen in der späteren Entsorgung der Produkte kommen. Gemäß Greenhouse Gas Protocol gehören diese Emissionen zu den Scope-3-Emissionen der Unterkategorie 3.12.
3.2.2 Dateneingabe
Die Berechnung der (potenziellen) THG-Einsparungen aus durchgeführten oder geplanten Maßnahmen erfolgen im ESTEM-Webtool mittels zehn Leitfragen. Das Berechnungsverfahren ist so aufgebaut, dass die Anwendenden für die verschiedenen, relevanten Systembereiche nach Änderungen in den jeweiligen Aktivitäten gefragt werden (vgl. Abbildung 4).
Hierbei handelt es sich in den meisten Fällen um Material- oder Energiemengen, die sich durch eine Materialeffizienzmaßnahme ändern. Diese Mengen werden anschließend mit fest vorgegebenen Emissionsfaktoren multipliziert und ergeben die Emissionsminderungen für den jeweiligen Systembereich. Alle Minderungsbeiträge aus den verschiedenen Systembereichen werden schließlich summiert und führen zum Gesamtergebnis für die betrachtete Materialeffizienzmaßnahme (vgl. Kapitel 2).
Das für die Maßnahme erforderliche Mengengerüst wird durch die Antworten auf die folgenden zehn Leitfragen gefüllt:
I. Produktbezogener Materialverbrauch: Verändert sich die Menge und / oder Art der für die Produkte bezogenen Materialien?
II. Benötigte Betriebsstoffe: Verändert sich die Menge oder Zusammensetzung für im Unternehmen benötigte Betriebsstoffe?
III. Kapital- bzw. Investitionsgüter: Verändern sich materielle Kapital- bzw. Investitionsgüter?
IV. Energieerzeugung am Standort: Verändern sich die für die Energieerzeugung am Standort eingesetzten Mengen oder Arten von Energieträgern?
V. THG-Emissionen: Verändern sich direkte, aus einem Prozess resultierende THG-Emissionen?
VI. Energiebedarf: Verändert sich die eingesetzte Menge an bezogener Energie?
VII. Entsorgung nach der Nutzung: Verändert sich am Produktlebensende die zu entsorgende Menge an Materialien und / oder die Art der Entsorgung?
VIII. Produktionsspezifische Abfälle und Entsorgung: Verändert sich die Menge der anfallenden produktionsspezifischen Abfälle und / oder die Art deren Entsorgung?
IX. Materialverbrauch in der Nutzphase: Verändert sich in der Nutzphase des Produkts der Verbrauch von Betriebsstoffen?
X. Energieverbrauch in der Nutzphase: Verändert sich in der Nutzphase des Produkts der Energieverbrauch?
Zudem gibt es in einigen Leitfragen die Möglichkeit, Änderungen der notwendigen Transportleistungen in die Berechnung mit einzubeziehen. Diese Angaben bilden jedoch keine Pflichtangaben. Eine detaillierte Beschreibung der Leitfragen erfolgt in Kapitel 4.
Im Webtool befindet sich die Auswahl bzw. Navigation der Fragen auf der linken Seite (vgl. Abbildung 5).

Abbildung 5: Beispielhafte Darstellung des Navigationsbereichs mit hinterlegten Leitfragen
Die Dateneingabe erfolgt im Webtool für alle Fragen nach demselben Schema. Mittig ist die jeweilige Leitfrage abgebildet. Abhängig von der Leitfrage bietet das Webtool darunter die Möglichkeit, Angaben zu Änderungen an Material-, Energie- oder Transportbedarfen vorzunehmen. Mit Ausnahme der Frage V (THG-Emissionen) können Nutzende entscheiden, ob sie Angaben mit den im Webtool hinterlegten Emissionsfaktoren oder mit eigenen Angaben machen (vgl. Abbildung 6).

Abbildung 6: Schematische Darstellung der Dateneingabe („Werkstoff hinzufügen“ und „Eigenen Werkstoff hinzufügen“)
Der allgemeine Aufbau und die Funktionen der jeweiligen Eingabemöglichkeiten werden nachfolgend genauer beschrieben und sind in den Eingabefeldern des ESTEM-Webtools identisch:
Werkstoff (o. Ä.) hinzufügen
Das erste Auswahlfeld im Fragenblock des ESTEM-Webtools ermöglicht es den Nutzenden, aus den verfügbaren Materialien, Energien, Transportleistungen und ähnlichen Kategorien auszuwählen. Für die hinterlegten Stoffe sind THG-Emissionsfaktoren aus kostenlosen Datenbanken verfügbar. Für eine bessere Übersicht und um gezielt den gewünschten Stoff in der Materialauswahl zu finden, muss zunächst die passende Kategorie ausgewählt werden. Anschließend werden die entsprechenden Stoffe aufgelistet. Falls die genaue Kategorie des Stoffs nicht bekannt ist, kann auch die Option „Alle“ gewählt werden. Zusätzlich besteht die Möglichkeit, Stoffe mithilfe der „Autocomplete“-Funktion in der Suchleiste zu finden.
Nach der Auswahl des Stoffes kann im Auswahlfeld „Veränderung des Werkstoffes“ angegeben werden, ob durch die Maßnahmen Einsparungen oder Mehraufwände (zusätzliche Mengen) entstehen. Die jeweiligen Mengenangaben sind in Tonnen (t) im dafür vorgesehen Feld einzutragen. Das Vorzeichen (positiv oder negativ) wird automatisch vorgegeben, je nachdem, ob „Eingesparte Menge“ (negatives Vorzeichen) oder „Zusätzliche Menge“ (positives Vorzeichen) ausgewählt wurde. Das Webtool berechnet automatisch die potenziellen THG-Einsparungen basierend auf der Auswahl des Stoffes und der Mengenangaben. Die Eingaben werden durch „Hinzufügen/Ändern“ gespeichert. Ein Abbruch der Eingaben erfolgt durch Klicken auf das „X“ (vgl. Abbildung 7).

Abbildung 7: Eingabemaske von im Webtool hinterlegten Werkstoffen
Eigenen Werkstoff (o. Ä.) hinzufügen
Das ESTEM-Webtool ermöglicht es zudem, eigene Werkstoffe in die Berechnung einzubeziehen. Falls nicht alle im Projekt verwendeten Stoffe mit Emissionsfaktoren in der hinterlegten Datenbank vorhanden sind, können diese über den Reiter „Eigene Werkstoffe hinzufügen“ ergänzt werden (vgl. Abbildung 8).
Dabei sind folgende Punkte zu beachten:
- Wenn eigene Stoffe im ESTEM-Webtool hinzugefügt werden, erzeugt das Tool automatisch eine Hinweis-Meldung (Ausrufezeichen). Diese Meldung informiert Gutachterinnen und Gutachter im Kontext von Förderanträgen über die Eingabe und Berechnung mit eigenen Werten.
- Das Ziel des ESTEM-Webtools ist es, ein standardisiertes und vergleichbares Verfahren zur Bewertung von THG-Emissionen aus Maßnahmen der Materialeffizienz zu bieten. Um eine Vergleichbarkeit, insbesondere bei Förderanträgen, zu gewährleisten, wird die Eingabe eigener Werte nur empfohlen, wenn der benötigte Stoff nicht in der Datenbank des ESTEM-Webtools vorhanden ist.
- Bei der Berechnung mit eigenen Werten muss zwingend die Quelle der THG-Emissionsfaktoren angegeben werden. Diese Quellenangaben werden in der Ergebnisdarstellung berücksichtigt.
Es liegt in der Verantwortung der Nutzenden, die Plausibilität und Seriosität der Quellen sicherzustellen.
3.2.3 Ergebnisse
Das ESTEM-Webtool zeigt die Ergebnisse der Berechnungen nach Beantwortung der Leitfragen in einer Gesamtansicht an. Zur besseren Übersicht werden potenzielle THG-Einsparungen in Grün und Mehraufwände in Rot dargestellt. Eine Detailansicht, einschließlich der hinterlegten Rechenmethodik, kann durch Klicken auf die jeweiligen Ergebnisse aufgerufen werden (vgl. Abbildung 9). Sofern alle Eingaben korrekt erfolgt sind, besteht anschließend die Möglichkeit, für sämtliche Angaben und Ergebnisse über die Funktion „Export“ ein PDF-Dokument zu generieren.

Abbildung 9: Darstellung der Gesamtergebnisse. Negative Vorzeichen und grün ausgegebene Werte bilden THG-Einsparungen ab, rote Werte mit positiven Vorzeichen sind Mehraufwände.
Warum wird das Ergebnis mit vielen Nachkommastellen angezeigt?
Das ESTEM-Webtool ist darauf ausgelegt, eine Vielzahl von Szenarien für Materialeffizienzmaßnahmen und die daraus resultierenden THG-Einsparungen abzubilden. Das bedeutet, dass neben Szenarien, die zu großen Einsparungen führen auch Kleinstmengen abgebildet werden können. So ist es zum Beispiel möglich, auch THG-Einsparungen an leichten Objekten wie einzelnen Kugelschreibern oder elektronischen Komponenten im Webtool abzubilden.
3.2.4 Exportieren
Ein Export der Ergebnisse des ESTEM-Webtools ist insbesondere im Kontext von Förderprogrammen relevant. Um die Ergebnisse in gedruckter Form oder als PDF an die zuständigen Stellen weiterzuleiten, bietet das Webtool hierfür eine entsprechende Exportfunktion. Vor Erstellung der PDF können zusätzliche Informationen zum Unternehmen, beteiligten Personen, Notizen oder Erläuterungen zum Projekt gemacht werden. Diese Informationen sind freiwillig und werden aus Datenschutz-Gründen nicht vom ESTEM-Webtool gespeichert. Neben Angaben zum Unternehmen und beteiligten Personen sind hierbei u. a. ergänzende Notizen oder Erläuterungen zum Projekt möglich.
3.2.5 Speichern und Projekt fortsetzen
Die Speicherung der Eingabefortschritte ist im ESTEM-Webtool jederzeit durch den Eingabebutton „Projekt speichern“ möglich. Der generierte Speicherlink kann anschließend kopiert oder via automatisch generierter E-Mail für eine spätere Nutzung abgelegt werden. Hierbei ist zu beachten, dass jede Änderung von Eingaben im ESTEM-Webtool einen neuen Speicherlink generiert und daher separat durch Nutzende gespeichert werden muss. Durch die Erzeugung unterschiedlicher Links ist es so beispielsweise möglich, verschiedene Szenarien auf Basis bereits getätigter Eingaben zu simulieren.
Wie können im ESTEM-Webtool unterschiedliche Szenarien abgebildet werden?
Die Darstellung unterschiedlicher Szenarien ist beispielsweise im Kontext von potenziellen Substitutionsmaßnahmen vorteilhaft, wenn u. a. die damit verbundenen THG-Emissionen verglichen werden sollen. In diesem Fall ist es möglich, über die Speicherfunktion eine bereits bearbeitete Eingabe als Ausgangssituation zu verwenden. Es ist jedoch zu beachten, dass jede Änderung im Tool einen neuen Link erzeugt. Um verschiedene Szenarien zu simulieren, kann deshalb ein Speicherlink mehrfach verwendet werden und der Abgleich beispielsweise in verschieden Tabs im Browser erfolgen.
3.2.6 Hinterlegte Daten
Die Berechnung der Emissionen erfolgt mithilfe kostenloser und öffentlich verfügbarer Emissionsfaktoren. Grundlage bilden hierbei zum einen die sogenannte BAFA-Liste des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle und zum anderen die ProBas-Datenbank des Umweltbundesamts, die nachfolgend genauer beschrieben werden.
Die BAFA-Liste ist eine bis einschließlich 2023 aktualisierte Datenbank mit CO2-Emissionfaktoren für wichtige Industriematerialen und Energieträger. Bereitgestellt werden die Daten vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle.
Die Probas-Datenbank (Prozessorientierte Basisdaten für Umweltmanagement-Instrumente) ist eine vom Umweltbundesamt (UBA) betriebene Datenbank, die seit den 1990er Jahren der Öffentlichkeit kostenlos Zugang zu Prozessdaten bietet. Diese Daten sind insbesondere für Ökobilanzen (LCA) und die betriebliche Berichterstattung relevant.
Sofern zukünftig weitere kostenlose Datenbanken mit THG-Emissionsfaktoren für wichtige Industriegüter und -prozesse zu Verfügung stehen, werden diese ebenfalls in das ESTEM-Webtool eingepflegt. Der Download mit einer detaillierten Übersicht der Daten sowie der zugehörigen Quellen ist im ESTEM-Webtool unter „Datengrundlage“ zu finden.
3.2.7 Glossar
Das Glossar bietet eine Übersicht der wichtigsten Begriffe und Konzepte, die in der Ökobilanzierung im Allgemeinen und im ESTEM-Webtool im Konkreten verwendet werden. Zudem dient es der Vereinheitlichung und Klarstellung der Fachterminologie. Das Glossar ist im Webtool unter dem gleichnamigen Reiter abrufbar.
4 Die Leitfragen im ESTEM-Webtool
4.1 Produktbezogener Materialverbrauch (Leitfrage I)
Frage I: Verändert sich die Menge und / oder Art der für die Produkte bezogenen Materialien?

Abbildung 10: Visualisierung der verschiedenen Lebenszyklusphasen sowie derer, die im Rahmen der Leitfrage betroffen sind (in Blau)
Die Abfrage bezieht sich auf die Bereitstellung von Rohstoffen und Vorprodukten, die für die Produkte benötigt werden. Über ein Auswahlfeld „Werkstoffe hinzufügen“ können vordefinierte Kategorien und zugehörige Materialien ausgewählt werden, zu denen Emissionsfaktoren im ESTEM-Webtool vorgegeben sind. Ist das gewünschte Material in der Liste nicht vorhanden, so kann über das Auswahlfeld „Eigenen Werkstoff hinzufügen“ ein Stoff, der sich nicht in der vorgegebenen Werkstoffkiste befindet, hinzugefügt werden. Hierbei gilt es die Hinweise im Tool zu beachten, die außerdem in Kapitel 3.2.2 beschrieben sind.
Die ermittelten Werte gehören gemäß Greenhouse Gas Protocol (2011) zu den sogenannten Scope-3-Emissionen und dort zu den Unterkategorien 3.1 und 3.4. Es werden nur die Änderungen der Mengen angegeben. Dabei sind folgende Fälle zu unterscheiden:
a) Mengenreduktion
Im einfachsten Fall wird die Menge eines Materials eingespart. Das Material wird im Auswahlfeld eingetragen und die Menge im darunter liegenden Eingabefeld in Tonnen angegeben. Wenn es sich um eine kontinuierliche Einsparung handelt, wird die eingesparte Menge pro Jahr aufgeführt. Im Falle einer einmaligen Einsparung ist die eingesparte Menge insgesamt anzugeben.
Beispiel:
Es werden 50 t Konverterstahl pro Jahr eingespart. Der von ESTEM vorgegebene Emissionsfaktor für die Bereitstellung von Konverterstahl beträgt 2,181600 t CO2e/t Stahl.
Die eingesparte Menge an Emissionen beträgt gerundet 109,11 t CO2e pro Jahr.
Der von ESTEM vorgegebene Emissionsfaktor bezieht sich typischerweise auf eine Verfügbarkeit am europäischen Markt. Die Angabe von Transportentfernungen ist deshalb in der Regel nicht erforderlich, zumal der Transport meistens nur einen geringen Beitrag liefert. Bei Massengütern wie z. B. Steine und Erden kann der Transport eine Rolle spielen. Dann besteht die Möglichkeit anzugeben, wie groß die Transportentfernung des Materials vom Zuliefernden ist bzw. war, wenn das Material zukünftig eingespart wird. Aus der eingesparten Menge, der Transportentfernung und dem Transportmittel werden die Transportleistung (in Tonnenkilometer) und schließlich die Transportemissionen errechnet, die eingespart werden. Dazu ist in einem weiteren Auswahlfeld das entsprechende Transportmittel auszuwählen.
Beispiel:
Die eingesparten 50 t Konverterstahl pro Jahr wurden mit einem Lkw > 7,5 t über 125 km transportiert.
Die eingesparten Transportemissionen betragen 0,55 t CO2e pro Jahr.
Gegenanzeige: Die Berechnung ist nicht dazu gedacht, Veränderungen in der Transportlogistik abzubilden, da dies keine Materialeffizienzmaßnahme wäre. Dazu gehört beispielsweise ein Wechsel des Transportmittels oder eine alleinige Veränderung der Transportentfernung.
b) Materialsubstitution
In diesem Fall wird Material durch ein anderes ersetzt. Das bedeutet, ein Material wird eingespart (wie in Fall a) und ein weiteres wird zusätzlich benötigt. Die Mengen der beiden Materialien können sich dabei unterscheiden.
Beispiel:
Es werden 50 t Konverterstahl pro Jahr durch 30 t Aluminium ersetzt. Die Aluminiummenge muss als zusätzliche Menge angegeben werden.
Die Substitution ergibt hier gerundet in Summe eine Erhöhung der Emissionen um 62,24 t CO2e pro Jahr.
Im Rahmen der Materialsubstitution können unterschiedliche Transporte relevant sein, z. B. die eingesparten Transporte für das substituierte Material und die zusätzlichen Transporte für das ersetzende Material.
Beispiel:
Die 30 t Aluminium pro Jahr werden per Bahn über 300 km transportiert.
Die eingesparten Transportemissionen betragen in Summe 0,38 t CO2e pro Jahr.
c) Einsparung von Primärmaterial durch Erhöhung des Rezyklatanteils:
Die in ESTEM erfassten Materialien und Emissionsfaktoren berücksichtigen das Recycling auf der Inputseite durch die Angabe des Rezyklatanteils von eingesetztem Material. Der Rezyklatanteil kann nicht direkt eingegeben werden, sondern muss durch geeignete Mengen aus Primär- und Sekundärmaterial zusammengesetzt werden. Ein Material mit 30 % Rezyklatanteil setzt sich dann aus 70 % Primär- und 30 % Sekundärmaterial zusammen, welche bei ESTEM getrennt eingetragen werden müssen.
Beispiel:
Es werden 50 t Aluminium pro Jahr eingespart, welches einen Rezyklatanteil von 30 % hat. Das heißt, der Primäranteil liegt bei 0,7·50 t = 35 t und der Sekundäranteil bei 0,3·50 t = 15 t.
Die Einsparung beträgt gerundet 380,61 t CO2e pro Jahr.
d) Veränderung des Rezyklatanteils
Wenn für ein Material der Rezyklatanteil verändert wird, so geschieht das durch Eintrag in vier Zeilen, was einer Kombination aus Fall b) und Fall c) entspricht.
Die Berücksichtigung des Rezyklatanteils kann nur bei Materialien erfolgen, für die bei ESTEM bereits Emissionsfaktoren sowohl für die Primär- als auch Sekundärproduktion hinterlegt sind. Die Liste dieser Werte soll in Zukunft kontinuierlich erweitert werden.
Beispiel:
Der Recyclinganteil von 50 t Aluminium pro Jahr erhöht sich von 30 % auf 80 %. Die Menge von 50 t bleibt unverändert.
Die Einsparung beträgt gerundet 253,39 t CO2e pro Jahr.
e) Einsparungen oder Substitution mit nachwachsenden Rohstoffen
Die Emissionsfaktoren für Materialien biogenen Ursprungs beziehen sich stets auf die Emission fossilen Kohlenstoffdioxids, z. B. durch die Verwendung fossiler Energiequellen für die Herstellung oder den Transport. Sie werden deshalb auf der Inputseite genauso gezählt wie der Carbon Footprint anderer Materialien. Allerdings dürfen bei der Entsorgung dieser Materialien keine CO2-Emissionen, die biogenen Ursprungs sind, gezählt werden. Dies wird bei den Emissionsfaktoren unter Leitfrage VII berücksichtigt.
4.2 Benötigte Betriebsstoffe (Leitfrage II)
Frage II: Verändert sich die Menge oder Zusammensetzung für im Unternehmen benötigte Betriebsstoffe?

Abbildung 11:Visualisierung der verschiedenen Lebenszyklusphasen sowie derer, die im Rahmen der Leitfrage betroffen sind (in Blau)
Die Frage ist analog zur Frage I zu beantworten. Die Angaben können reine Mengenreduktionen betreffen (wie unter Ia), Substitutionen (wie unter Ib) oder Veränderungen des Rezyklatanteils (wie unter Ic). Falls relevant, kann ebenfalls der Transport einbezogen werden.
4.3 Kapital- bzw. Investitionsgüter (Leitfrage III)
Frage III: Verändern sich materielle Kapital- bzw. Investitionsgüter?

Abbildung 12: Visualisierung der verschiedenen Lebenszyklusphasen sowie derer, die im Rahmen der Leitfrage betroffen sind (in Blau) (eigene Darstellung)
Viele Projekte der Materialeffizienz gehen mit der Anschaffung neuer Anlagen einher. Investitionsgüter in Form von Maschinen und Anlagen, Fahrzeugen oder Gebäuden führen oft zu einem großen Materialeinsatz auf der Inputseite und können die Emissionsbilanz erheblich beeinflussen. Mit der Leitfrage III können diese Einflüsse berücksichtigt werden.
Es ist nicht einfach, die Materialzusammensetzung von Investitionsgütern zu bestimmen und darauf basierend eine Emissionsbilanz zu erstellen. Jedoch skalieren die THG-Emissionen häufig auch mit dem ökonomischen Wert der Güter. Deshalb wird bei Investitionsgütern nicht von Mengen in kg oder t ausgegangen, sondern vom ökonomischen Wert in Euro, sprich den Anschaffungskosten.
Allerdings handelt es sich meistens um Güter, die langfristig eingesetzt werden. Sie werden betriebswirtschaftlich über einen längeren Zeitraum monetär abgeschrieben. Deshalb wird auch hier eine „Abschreibung“ der Emissionen über einen gewissen Zeitraum vorgenommen. Um Vergleichbarkeit zu erreichen und willkürlich gewählte Zeiträume auszuschließen, wird in der Regel von einer Abschreibung von bis zu drei Jahren ausgegangen. Da alle Emissionen auf ein Jahr bezogen sind, bedeutet das dann beispielsweise eine Drittelung der Emissionen aus Investitionsgütern.
In Einzelfällen, beispielsweise im Fall von kostenintensiven Investitionen, können durch zu kurze Abschreibungsdauern Mehraufwände auftreten. In solchen Fällen kann eine längere Abschreibungsdauer auf der Basis der AfA-Regeln angenommen werden. Sie sollte gesondert begründet und belegt werden. Sie kann im ESTEM-Webtool dann entsprechend individuell angesetzt werden.
Es kommt vor, dass durch eine Maßnahme Investitionen vermieden werden können oder kleiner ausfallen als ursprünglich geplant. Damit verbunden sind dann auch eingesparte Emissionen. Allerdings handelt es sich dabei nicht um tatsächlich geminderte, sondern um in die Zukunft projizierte Emissionen.
Da in ESTEM keine Emissionsbaseline bzw. -szenarien definiert werden, können solche vermiedenen oder reduzierten Investitionen nicht berücksichtigt werden. Außerdem darf der entfallene Weiterbetrieb von Investitionsgütern (z. B. Anlagen) im Rahmen der Emissionsbilanz nicht berücksichtigt werden, da die mit der Herstellung der Güter verbundenen Emissionen bereits erfolgt sind und sich nicht mehr vermeiden lassen.
Aus methodischen Gründen (die sogenannte Cut-off-Regel) wird für Reuse, Refurbishing, Recycling etc. von Altanlagen keine Emissionsgutschrift vergeben.
Die THG-Emissionen sind gemäß Greenhouse Gas Protocol dem Scope 3.2 zuzuordnen.
Beispiel:
Für eine Materialeffizienzmaßnahme sind neue Maschinen im Gesamtwert von 500.000 Euro erforderlich. Die mit der Herstellung der Maschinen verbundenen Emissionen werden über diese Kostenangabe geschätzt und haben einen negativen Einfluss auf die THG-Emissionen.
Die zusätzlichen Emissionen, auf ein Jahr bezogen, betragen rund 55,33 t CO2e.
4.4 Energieerzeugung am Standort (Leitfrage IV)
Frage IV: Verändern sich die für die Energieerzeugung am Standort eingesetzten Mengen oder Arten von Energieträgern?

Abbildung 13: Visualisierung der verschiedenen Lebenszyklusphasen sowie derer, die im Rahmen der Leitfrage betroffen sind (in Blau)
Mit vielen Materialeffizienzmaßnahmen geht auch eine Veränderung des Energiebedarfs beim fokalen Unternehmen einher. Die Leitfrage IV behandelt dabei die THG-Emissionen, die aus der Verfeuerung fossiler Energieträger beim Unternehmen selbst verursacht werden. Sie entsprechen den Scope-1-Emissionen aus dem Greenhouse Gas Protocol, enthalten allerdings auch die bei der Bereitstellung erfolgten Emissionen nach Scope 3.3. Die Veränderung der Emissionen berechnet sich aus der Angabe der geänderten Mengen an eingesetzten Energieträgern.
Beispiel:
Es werden durch eine Maßnahme 10.000 Nm3 Erdgas und 500 l Diesel jährlich eingespart. Die Umrechnung ergibt 97,7 MWh bzw. 4,98 MWh.
Die Einsparungen betragen zusammen rund 20,96 t CO2e pro Jahr.
Die Mengenangaben für die verschiedenen Energieträger, die in dem Auswahlfeld verfügbar sind, müssen als MWh angegeben werden. Für manche Energieträger sind andere Einheiten gebräuchlich. Sie können mit Hilfe der Tabelle 2 umgerechnet werden.
4.5 Direkte THG-Emissionen (Leitfrage V)
Frage V: Verändern sich direkte, aus einem Prozess resultierende Treibhausgas-Emissionen?

Abbildung 14: Visualisierung der verschiedenen Lebenszyklusphasen sowie derer, die im Rahmen der Leitfrage betroffen sind (in Blau)
Mit dieser Leitfrage können zusätzlich zu Leitfrage IV weitere direkte THG-Emissionen angegeben werden, die beispielsweise aus chemischen Prozessen resultieren. Sie gehören ebenfalls der Kategorie Scope-1 an.
Die eingesparten THG-Emissionen werden direkt in t pro Jahr angegeben. Im Auswahlfeld können die wichtigsten Treibhausgase ausgewählt werden. Sie werden mit den entsprechenden Faktoren (GWP 100 nach IPCC 2014, AR5) gewichtet. Diese Faktoren sind kompatibel zu den ermittelten Carbon Footprints für die Materialien.
Beispiel:
Es werden durch eine Maßnahme direkte Emissionen (nicht aus der Verbrennung von Energieträgern!) in Höhe von 10 t Methan, 30 t CO2 und 5 kg SF6 eingespart
Die eingesparten Emissionen betragen zusammen 427,50 t CO2e pro Jahr.
4.6 Energiebedarf (Leitfrage VI)
Frage VI: Verändert sich die eingesetzte Menge an bezogener Energie?

Abbildung 15: Visualisierung der verschiedenen Lebenszyklusphasen sowie derer, die im Rahmen der Leitfrage betroffen sind (in Blau)
Diese Frage zielt in erster Linie auf veränderte Bezugsmengen an elektrischem Strom ab und betrifft Emissionen, die außerhalb des Unternehmens durch den Energiebezug erfolgen. Sie entsprechen den sogenannten Scope-2-Emissionen und enthalten ggf. auch die damit verbundenen Scope-3.3-Emissionen. Es wird hierbei von dem jeweils aktuell verfügbaren Emissionsfaktor für den nationalen Strommix in Deutschland ausgegangen. Es wird keine Unterscheidung nach „normalem“ Strom aus dem Netz, „grünem“ Strom oder Strom aus regenerativen Quellen vorgenommen. Betreibt ein Unternehmen eigene regenerative Erzeugungsanlagen für Elektrizität, so sind die Mengen hier nicht anzugeben.
Beispiel:
Das Unternehmen spart durch eine Maßnahme pro Jahr 15 MWh Strom ein, die es weniger aus dem nationalen Netz beziehen kann.
Die Einsparungen betragen gerundet 7,28 t CO2e pro Jahr.
4.7 Entsorgung nach der Nutzung (Leitfrage VII)
Frage VII: Verändert sich die am Produktlebensende zu entsorgende Menge an Materialien und / oder die Art der Entsorgung?

Abbildung 16: Visualisierung der verschiedenen Lebenszyklusphasen sowie derer, die im Rahmen der Leitfrage betroffen sind (in Blau)
Materialeffizienzmaßnahmen können sich nicht nur auf die Produktionsphase im Unternehmen auswirken, sondern auch auf die Entsorgung der Produkte nach deren Lebensende. Analog zur Nutzphase ist ebenso die Entsorgung in Bezug auf die Methodik und die benötigten Daten sowie Informationen komplexer als die Bilanzierung von Maßnahmen innerhalb der Produktion. Beide Phasen können im ESTEM-Webtool nur vereinfacht berücksichtigt werden. Detaillierte Analysen bleiben dem LCA nach ISO EN DIN 14040/44 bzw. dem Carbon Footprint nach ISO EN DIN 14067 vorbehalten.
Bei der Leitfrage VII wird davon ausgegangen, dass ein veränderter Materialeinsatz beim Produkt (der auf der Inputseite des Unternehmens schon unter Leitfrage I berücksichtigt wurde) auch zu einer Veränderung der Menge und Art der nach der Nutzphase zu entsorgenden Produktabfälle führt.
Die Materialien eines Produktes können am „Lebensende“ entweder durch die allgemeinen Verfahren der Abfallentsorgung/-beseitigung, insbesondere die chemisch-physikalische Behandlung, die Verbrennung oder die Deponierung, entsorgt werden. Alternativ können sie wieder- oder weiterverwendet bzw. energetisch verwertet oder stofflich verwertet werden. Aus methodischen Gründen wird beim ESTEM-Webtool das Recycling nur auf der Inputseite durch den Ersatz (Substitution) von Primär- durch Sekundärmaterial abgebildet (vgl. Leitfrage Ib).
Deshalb wird auf der Outputseite lediglich die Beseitigung, nicht aber eine Verwertung berücksichtigt. Damit werden Doppelzählungen in der Emissionsbilanz vermieden. Bei Leitfrage VII dürfen nur jene eingesparten Produktmengen gezählt werden, die tatsächlich beseitigt werden. Energetisch genutzte oder recycelte Mengen sind abzuziehen.
Demnach werden durch die Leitfrage VII zwei Maßnahmen erfasst:
- die Verringerung der Menge von zu beseitigenden End-of-Life-Produkten durch Verringerung der Materialmengen des Produkts,
- die Umstellung der Entsorgung von einer Beseitigung auf ein Recycling
Beispiel:
Das Unternehmen kann den Materialeinsatz in seinen Produkten um 1.000 t jährlich senken, z. B. durch eine „Dematerialisierung“. Das hat zur Folge, dass auch weniger Produktabfälle entsorgt werden müssen. Zusätzlich wird davon ausgegangen, dass 30 % der Produktabfälle durch Sortierung recycelt werden. Es verbleiben also 700 t, die weniger beseitigt werden müssen.
Die Einsparungen durch die geringeren Produktabfälle betragen 1.526 t CO2e pro Jahr.
Obwohl die Entsorgung von Produktabfällen zeitverzögert auftreten kann, wird sie für das gleiche Jahr angenommen, für das die Emissionsbilanz erstellt wird. Weiterhin können, sofern relevant, auch die Transporte bei der Entsorgung mitberücksichtigt werden. Dies erfolgt analog zur Leitfrage I.
Die Emissionen aus dieser Leitfrage fallen in die Kategorien Scope 3.9, 3.10 und 3.12 des Greenhouse Gas Protocols.
4.8 Produktionsspezifische Abfälle und Entsorgung (Leitfrage VIII)
Frage VIII: Verändert sich die Menge der anfallenden produktionsspezifischen Abfälle und / oder die Art deren Entsorgung?

Abbildung 17: Visualisierung der verschiedenen Lebenszyklusphasen sowie derer, die im Rahmen der Leitfrage betroffen sind (in Blau)
Mit dieser Leitfrage werden unterschiedliche Herkunftsbereiche von produktionsspezifischen Abfällen erfasst: der Verlust von Materialien bei der Herstellung von Produkten (z. B. Verschnitt), Reststoffen aus der Produktion (z. B. Schlacken, Rückstände aus der Reinigung) und die verbrauchten Betriebsstoffe (z. B. Lösemittel, Kühlschmierstoffemulsionen).
Wie schon bei der Leitfrage VII gesagt, wird die Verwertung (Recycling) von produktionsspezifischen Abfällen nicht berücksichtigt. Sie ist implizit auf der Inputseite (siehe Leitfrage I und II) durch die Unterscheidung nach Primär- und Sekundärmaterialien enthalten.
Es werden deshalb nur jene Materialmengen berücksichtigt, die durch eine Materialeffizienzmaßnahme einem allgemeinen Verfahren der Abfallentsorgung bzw. -beseitigung weniger zugeführt werden. Hierbei wird nicht nach der Art des Materials, sondern nur nach Beseitigungsverfahren differenziert.
Beispiel:
Das Unternehmen spart jährlich 300 t Schlacke ein, die auf einer Deponie beseitigt werden musste, außerdem 10 t hausmüllähnlichen Abfall.
Die Einsparungen betragen rund 22,98 t CO2e pro Jahr.
Analog zur Leitfrage VII werden auch hier zwei Maßnahmen erfasst: die Verringerung zu beseitigender Mengen durch Einsparungen beim Einsatz und die Umstellung der Entsorgung von einer Beseitigung auf ein Recycling.
Bei dieser Leitfrage können zusätzlich wieder die Transporte bei der Entsorgung berücksichtigt werden (siehe Leitfrage I).
Die Emissionen aus dieser Leitfrage fallen in die Kategorien Scope 3.5 und 3.10 des Greenhouse Gas Protocols.
4.9 Materialverbrauch in der Nutzphase (Leitfrage IX)
Frage IX: Verändert sich in der Nutzphase des Produkts der Verbrauch von Betriebsstoffen?

Abbildung 18: Visualisierung der verschiedenen Lebenszyklusphasen sowie derer, die im Rahmen der Leitfrage betroffen sind (in Blau)
Ein verändertes Produktdesign kann nicht nur Auswirkungen auf die Menge an eingesetztem Material haben (mittels Leitfragen I und VII abgedeckt), sondern es können auch Materialströme während der Nutzphase des Produktes betroffen sein, z. B. Betriebsstoffe wie Motoröl oder Verbrauchsmaterial wie z. B. Staubsaugerfilterbeutel oder Druckerpatronen. Noch relevanter können solche Einsparungen bei Produkten im gewerblichen Einsatzbereich sein.
Diese Materialeinsparungen werden von der Leitfrage IX adressiert. Hierbei muss berücksichtigt werden, dass es auch langlebige Produkte gibt, die über viele Jahre zu Materialeinsparungen führen können. Entsprechende Annahmen über die Nutzungsdauer, Nutzungsintensität und den damit verbundenen Anfall von Verbrauchsmaterialien könnten zu schwer belegbaren Annahmen über die damit verbundenen Materialeinsparungen führen. Deshalb wird bei langlebigen Produkten maximal die Materialeinsparung in drei Jahren berücksichtigt.
Beispiel:
Durch ein verändertes Produktdesign eines Druckers werden bei gleicher Leistung in der Nutzphase weniger Druckerpatronen benötigt. Gemessen an dem jährlichen Produktabsatz und dem typischen Bedarf an Druckerpatronen wird geschätzt, dass dadurch 100 t weniger Kunststoffe für Druckerpatronen jährlich benötigt werden. Da ein Drucker als langlebig angenommen wird, werden die Einsparungen über drei Jahre hinweg berücksichtigt.
Die zu berücksichtigenden Einsparungen betragen rund 571,89 t CO2e.
Die Emissionen aus dieser Leitfrage fallen in die Kategorien Scope 3.10 und 3.11 des Greenhouse Gas Protocols.
4.10 Energieverbrauch in der Nutzphase (Leitfrage X)
Frage X: Verändert sich in der Nutzphase des Produkts der Energieverbrauch?

Abbildung 19: Visualisierung der verschiedenen Lebenszyklusphasen sowie derer, die im Rahmen der Leitfrage betroffen sind (in Blau)
Eine Materialeffizienzmaßnahme kann einen erheblichen Einfluss auf den Energieverbrauch während der Nutzphase des Produktes haben. Ein typisches Beispiel ist die Verwendung leichter Materialien im Karosseriebau von Pkw, woraus sich Treibstoff-Einsparungen ergeben.
Die Leitfrage ist hinsichtlich der Berücksichtigung von Einsparungen bei langlebigen Produkten analog zu Leitfrage IX zu betrachten. Auch hier sind Einsparungen von maximal drei Jahren einzubeziehen.
Beispiel:
Ein Unternehmen setzt pro Jahr 1000 Fahrzeuge ab, die durch den Einsatz alternativer Werkstoffe leichter sind und bei durchschnittlicher Nutzung zu einer Einsparung von 100 l Diesel pro Fahrzeug und Jahr führen. Das macht pro Jahr 100 m3 Diesel bzw. 996 MWh (siehe Tabelle 2).
Es werden die Einsparungen für drei Jahre in Höhe von rund 794,81 t CO2e berücksichtigt.
Die Emissionen aus dieser Leitfrage fallen in die Kategorien Scope 3. 9, 3.10 und 3.11 des Greenhouse Gas Protocols.
5 Beispielhafte Anwendung des ESTEM-Webtools (Fallbeispiele)
Das folgende Kapitel soll für exemplarische Fallbeispiele die Anwendung der Methodik veranschaulichen. Dafür werden sechs Fallbeispiele vorgestellt, die mithilfe des ESTEM-Webtools bewertet werden. Die Bewertung von Fallbeispielen zeigt aber auch die Grenzen des Berechnungsverfahrens auf, das sich für bestimmte Maßnahmentypen nicht eignet. Die methodischen Annahmen zum ESTEM-Berechnungsverfahren sind im Abschlussbericht des Projekts dokumentiert.
Jedes Fallbeispiel soll eine mögliche Anwendung des ESTEM-Webtools aufzeigen. Die ursprüngliche Datenbasis beruht auf realen, in Unternehmen umgesetzten Projekten. Diese wurden anonymisiert und teilweise um fehlende Daten ergänzt oder zur Vereinfachung gekürzt. Für jedes Fallbeispiel werden zunächst die Ausgangssituation und die Maßnahme beschrieben. Anschließend werden die Vorgehensweise der Berechnung und die Ergebnisse vorgestellt. Für keines der Fallbeispiele lagen typische Transportdistanzen vor, weshalb diese in den Berechnungen nicht berücksichtigt wurden.
5.1 Fallbeispiel 1: Leichtbau
Ausgangssituation
Die Firma stellt massivumgeformte Komponenten, u. a. aus Stahl, für den Automobil- sowie Maschinenbau her. Bei der Herstellung von Muttern sind signifikante Gewichtseinsparungen möglich. Die strukturmechanischen Randbedingungen müssen bei der Umsetzung von Maßnahmen eingehalten werden, jedoch können Bauteile, die nicht unmittelbar zur Tragfähigkeit beitragen, reduziert werden.
Beschreibung der Maßnahme
Zur Realisierung einer geometrisch und stofflich optimierten Leichtbaumutter wurde auf ein gesamtheitliches Konzept gesetzt, das die interagierenden Bereiche Werkstoffauswahl, Fertigungsverfahren und Konstruktion kombiniert. Durch den Einsatz mikrolegierter, bainitischer Stahlwerkstoffe kann nun innerhalb der Vormaterialherstellung auf entsprechende Glühbehandlungen zur Einstellung einer hinreichend umformbaren Gefügestruktur verzichtet werden. Außerdem wird beim eigentlichen Produkt, der Mutter, die üblicherweise durchzuführende Wärmebehandlung zur Erzielung definierter Härtewerte obsolet.
Wirkweise/Maßnahmentyp
Hauptmaßnahme ist die Verminderung von Input-Stoffflüssen im Prozess selbst. Es handelt sich um eine kontinuierliche Einsparung. Das bedeutet, dass die Einsparungen jährlich konstant bleiben. Die Maßnahme wirkt sich theoretisch auch auf die Nutzungs- und Entsorgungsphase aus, da die Leichtbaumuttern im Fahrzeugbau eingesetzt werden. Der Effekt ist aber bei dem niedrigen Muttergewicht äußerst gering und wird daher im Weiteren vernachlässigt.
Betroffene Lebenszyklusphasen
Die betroffenen Lebenszyklusphasen sind in Abbildung 20 dargestellt.
Vorgehen bei der Berechnung
Pro Jahr werden 260 t Elektrostahl (Frage I im ESTEM-Webtool), 924 t Wasser (Frage II), 118 MWh Erdgas (Frage IV) sowie 252 MWh Strom (Frage VI) eingespart. Bei der Wahl der Materialien ist darauf zu achten, ob es sich um Primär- oder Sekundärmaterialien handelt.

Abbildung 20: Betroffene Lebenszyklusphasen im Fallbeispiel „Leichtbau“ (in Blau)
Ergebnisse
Insgesamt können durch die Umsetzung der Maßnahme jährlich rund 289 t CO2e eingespart werden. Der verringerte Energiebezug spart dabei den größten Teil der Emissionen ein (Strom 122 t CO2e/Jahr und Erdgas 24 t CO2e/Jahr). Die Einsparung von Stahl verringert die jährlichen Emissionen um 143 t CO2e/Jahr. Die Gesamtergebnisse sind in der folgenden Tabelle dargestellt.

Tabelle 3: Ergebnisse für das Fallbeispiel „Leichtbau“
5.2 Fallbeispiel 2: Einsatz von Recyclingmaterial
Ausgangssituation
Es handelt sich um eine Firma, die Stifte herstellt. Diese möchte eine nachhaltige Alternative für einen Filzstift entwickeln.
Beschreibung der Maßnahme
Zur Umsetzung der Maßnahme wird ein erhöhter Anteil an Recyclingmaterial für die Hülle des Stifts etabliert. Die Tinte, die Fasermine und andere Materialien bleiben jedoch gleich. Der Filzstift stellt ein alternatives Produkt mit gleicher Funktion zum Standardstift dar. Unter der Annahme der gleichbleibenden Qualität des Materials kann von einem gleichbleibenden Prozess und somit Hilfsstoff- und Energieverbrauch ausgegangen werden. Es werden 87 % des Primärmaterials durch Recyclingmaterial ersetzt. Der Recyclingprozess findet außerhalb des eigenen Unternehmens statt.
Wirkweise/Maßnahmentyp
Die Maßnahme wirkt sich auf die Bereitstellung von Ressourcen aus. Statt Primärmaterial wird Sekundärmaterial verwendet. Dies verursacht geringere Emissionen in der Produktion der Materialien. Die Maßnahme kann sich auch auf die Nutzungs- und Entsorgungsphase auswirken, da beispielsweise die Veränderung des Materials Einfluss auf die Wahl des Entsorgungsweges und die Recyclingfähigkeit haben kann. Zugleich können die veränderten Eigenschaften, z. B. die Lebensdauer des Stifts, beeinflusst werden. In diesem Fallbeispiel wird jedoch von einem gleichbleibenden Entsorgungsweg und keiner veränderten Nutzphase ausgegangen.
Betroffene Lebenszyklusphasen
Abbildung 21 zeigt die betroffenen Lebenszyklusphasen für das beschriebene Beispiel.
Vorgehen bei der Berechnung
Die zuvor dokumentierten Annahmen, wie beispielsweise die Vereinfachungen in Bezug auf die Nutzung und Entsorgung des Produktes, gelten auch für die folgende Berechnung. Das Gewicht eines Filzstiftes wird mit 10 g angegeben. Hiervon werden 87 % durch das Recyclingmaterial Polyethylenterephthalat (PET) ersetzt. Unter der Annahme, dass 4.687.500 Stifte jährlich produziert werden, können so 40,8 t PP ersetzt werden. Bei der Umsetzung im ESTEM-Webtool wird die Reduzierung des Primärmaterials PET von 40,8 t als Einsparung der Einsatz des PET-Sekundärmaterials von 40,8 t als Mehraufwand bei Frage I angegeben.

Abbildung 21: Betroffene Lebenszyklusphasen im Fallbeispiel „Einsatz von Recyclingmaterial“ (in Blau)
Ergebnisse
Durch die Verringerung von Primärmaterial können 78 t CO2e/Jahr eingespart werden, zusätzlich verursacht die Herstellung des recycelten PETs 47 t CO2e/Jahr. Somit kann eine gesamte Einsparung von 31 t CO2e/Jahr erzielt werden.
5.3 Fallbeispiel 3: Effekt auf Nutzphase
Ausgangssituation
Die Firma stellt Verpackungsmaschinen her. Durch die Verbesserung der von der Firma hergestellten Maschinen soll in der Betriebsphase der Maschinen Verpackungsmaterial eingespart werden.
Beschreibung der Maßnahme
Durch die Optimierung der Verpackungsmaschinen soll die Verpackung möglichst effizient hergestellt werden. Es wird Material durch die Optimierung des Verpackungsdesigns oder eine geringere Foliendicke eingespart. Dadurch verringern sich der Materialeinsatz und das Abfallaufkommen in der Nutzphase. Durch Energieeffizienzmaßnahmen, wie beispielsweise den Einsatz von servomotorangetriebenen Komponenten statt Druckluft, kann zudem der Energieverbrauch in der Nutzphase gesenkt werden.
Wirkweise/Maßnahmentyp
Es handelt sich um eine kontinuierliche Maßnahme, die die Nutzphase des Produktes beeinflusst.
Betroffene Lebenszyklusphasen
Zur Vereinfachung und aufgrund einer fehlenden Datenbasis wird in der Berechnung davon ausgegangen, dass sich die Effekte auf die Nutzphase beschränken (vgl. Abbildung 22). In der Praxis sollte allerdings geprüft werden, ob durch die Umsetzung der Maßnahme auch andere Lebenszyklusphasen betroffen sind, welche in dem Fall in der Berechnung entsprechend berücksichtigt werden sollten.

Abbildung 22: Betroffene Lebenszyklusphasen beim Fallbeispiel „Nutzungsphase“ (in Blau)
Vorgehen bei der Berechnung
Durch die Optimierung der Maschine können jährlich 72.800 t PVC als Verpackungsmaterial in der Nutzphase der Maschine eingespart werden (Frage IX). Im Betrieb der Maschine werden durch die Reduktion des Druckluftbedarfs jährlich 8,05 MWh Strom eingespart. Dies wird in Frage IX eingetragen. Da es sich um ein langsam drehendes Produkt mit langer Lebensdauer handelt, werden alle Einsparungen mit einem Nutzungsskalierungsfaktor von drei multipliziert.
Ergebnisse
Insgesamt können durch die Umsetzung der Maßnahme jährlich 415.509 t CO2e eingespart werden. Die Emissionen sind in Tabelle 4 aufgeschlüsselt. Zur transparenten Darstellung werden die Ergebnisse einmal mit und einmal ohne den Nutzungsskalierungsfaktor von drei angegeben.

Tabelle 4: Ergebnisse für das Fallbeispiel „Nutzphase“
Erkenntnisse bezüglich der Anwendung des ESTEM-Webtools
Wie anhand des Fallbeispiels verdeutlicht, können gewisse Effekte in der Nutzphase, wie z. B. die Änderung des Ressourcenbedarfs, berücksichtigt werden. Maßnahmen, die zu einer Veränderung der Lebensdauer des Produkts führen, können jedoch nicht mit dem Tool abgebildet werden, da hierfür eine Differenzbetrachtung auf Unternehmensebene nicht mehr ausreicht. In dem Fall wird eine ergänzende Gesamtbilanz auf Produktebene benötigt.
5.4 Fallbeispiel 4: Verminderter Materialeinsatz im Prozess
Ausgangssituation
Die Firma stellt Geräteträger her. Die Bauteile der Träger werden mittels Laser aus einer Tafel geschnitten und danach weiterbearbeitet. Aktuell können je Tafel drei Bauteile geschnitten werden. Durch den hauptsächlich manuellen und dadurch nicht optimierten und fehlerbehafteten Prozess entsteht ein Ausschuss von ca. 35 %.
Beschreibung der Maßnahme
Ein verbesserter Laserprozess, der digital gesteuert ist, kommt zum Einsatz. So können mehrere Bearbeitungsschritte gleichzeitig durchgeführt werden. Es können größere Tafeln verwendet werden, wodurch eine optimierte Belegung dieser möglich ist. Zur Optimierung können verschiedene Aufträge, die dasselbe Material benötigen, kombiniert werden. Dadurch sinkt der Ausschuss und damit die Abfallmenge auf ca. 25 % der Menge vor der Maßnahme. Außerdem sinken der Strom- und der Erdgasverbrauch der Maschine. Zudem wird weniger Stickstoff als Schneidgas verwendet und der Prozess benötigt keinen Sauerstoff mehr. Lediglich der Kompressor braucht nach Umsetzung der Maßnahme mehr elektrische Energie.
Wirkweise/Maßnahmentyp
Durch die Verringerung des Ausschusses wird weniger Material als Input benötigt. Es handelt sich um eine kontinuierliche Maßnahme, die nach der Umstellung jährliche Einsparungen mit sich bringt.
Betroffene Lebenszyklusphasen
Die Maßnahme wirkt sich auf die in Abbildung 23 dargestellten Lebenszyklusphasen aus.

Abbildung 23: Betroffene Lebenszyklusphasen beim Fallbeispiel „Verminderter Materialeinsatz im Prozess“ (in Blau)
Vorgehen bei der Berechnung
Er werden jährlich 15 t Stahl (Frage I), 3,5 t Stickstoff, 0,2 t Sauerstoff (Frage II), 0,04 MWh Erdgas (Frage IV) und 0,2 MWh Strom (Frage VI) eingespart. Bei der Bewertung des Stroms wird berücksichtigt, dass ein Teil des Stroms in der firmeneigenen Solaranlage erzeugt wird. Es ist weiterhin zu beachten, dass bei der Quantifizierung von Einsparungen mögliche Mehraufwände berücksichtigt werden und die Gesamtsumme in das Tool eingetragen wird. In diesem Fall wird somit die Summe aus der Stromeinsparung der Maschine und dem erhöhten Stromverbrauch des Kompressors gebildet und im entsprechenden Feld vermerkt.
Außerdem müssen 15 t Stahl weniger entsorgt werden. Stahl wird zur Entsorgung in einen Recyclingbetrieb gegeben. Laut Cut-off-Ansatz ist es deshalb nicht möglich, dem Unternehmen eine Emissionseinsparung durch Verminderung dieser Produktionsabfälle gutzuschreiben. Frage VIII bleibt leer.
Ergebnisse

Tabelle 5: Ergebnisse des Fallbeispiels „Verminderter Materialeinsatz im Prozess“
Insgesamt können durch die Umsetzung der Maßnahme jährlich 33,72 t CO2e eingespart werden. Die Aufteilung der eingesparten Emissionen auf die einzelnen Fragen ist in Tabelle 5 dargestellt.
5.5 Fallbeispiel 5: Investitionsmaßnahme
Ausgangssituation
Im Betrieb werden Karosserieteile lackiert. Mehr als die Hälfte des gesamten Energieverbrauchs für die Herstellung einer Karosserie entfällt auf die Lackierung. Dies ist auf den hohen Energieverbrauch beim Trocknen sowie die Luftventilation zurückzuführen. Außerdem entsteht beim Lackieren Overspray, also Lack, der nicht auf die Karosserieteile fällt. Dieser muss abgeschieden und entsorgt werden.
Beschreibung der Maßnahme
Durch die Investition in ein neues, hochpräzises Lackiersystem soll der Overspray reduziert werden. Dies gelingt durch erhöhte Präzision, einen Lackauftrag, der näher an der zu lackierenden Oberfläche stattfindet, und neue Verfahren (z. B. InkJet-Verfahren). So kann sowohl der Overspray reduziert werden als auch der Ausschuss, der durch fehlerhafte Lackierung entsteht.
Wirkweise/Maßnahmentyp
Es handelt sich um eine einmalige Investition in eine neue Anlage, die sich aber kontinuierlich auf den Betrieb auswirkt. Die neue Anlage verringert den Einsatz von Lackiermitteln und den Ausschuss durch fehlerhafte Lackierung. Dadurch verringern sich der Input an Materialien (Lack und PVC) und die zu behandelnden Produktionsabfälle. Außerdem wird die Wärmebereitstellung im Zuge der neuen Anlage von Heizöl auf Erdgas umgestellt.
Betroffene Lebenszyklusphasen
Die betroffenen Lebenszyklusphasen sind in Abbildung 24 dargestellt.
Vorgehen bei der Berechnung
Es werden jährlich 4,3 t PVC (Frage I) und 4 t Lack (Frage II) eingespart. Insgesamt kostet die Investition rund 2.300.000 €. Dieser Wert wird bei Frage III eingetragen. Für den Basisfall wird eine Abschreibungsdauer von drei Jahren angenommen. Neben den Materialeinsparungen und Investitionen werden 330 MWh leichtes Heizöl durch 205 MWh Erdgas ersetzt, was bei Frage IV vermerkt wird. Durch eine verbesserte Energieeffizienz ergeben sich außerdem Einsparungen von 31,8 MWh Strom jährlich (Frage VI). Zudem wird durch die verminderte Menge an PVC auch eine Einsparung der Produktionsabfälle angenommen. Dafür wird in Frage VIII eine eingesparte Menge von 4,3 t Deponie bzw. Hausmüll eingetragen.

Abbildung 24: Betroffene Lebenszyklusphasen im Fallbeispiel „Investitionsmaßnahme“ (in Blau)
Ergebnisse
Die Ergebnisse für den Basisfall (drei Jahre Abschreibung) sind, so wie sie auch im ESTEM-Webtool dargestellt werden, in Tabelle 6 zu finden.
Die Aufteilung zeigt, dass durch die hohen CO2-Emissionen, die durch den Bau der Anlage entstehen, insgesamt negative Einsparungen erzielt werden. Die Maßnahme verursacht also zusätzliche jährliche Emissionen.
Ohne die Berücksichtigung der Investitionsmaßnahme würden sich positive Einsparungen von rund 88 t CO2e ergeben. In Verbindung mit den Emissionen für die Anschaffung der Anlage kann daraus die Amortisationszeit berechnet werden, also die theoretische Abschreibungsdauer, welche zu positiven jährlichen Einsparungen führt. Diese liegt bei 8,7 Jahren.

Tabelle 6: Ergebnisse für die Berechnung des Fallbeispiels „Investitionsmaßnahme“ für eine Abschreibungsdauer von drei Jahren
5.6 Fallbeispiel 6: Kreislaufwirtschaftliche Maßnahme
Ausgangssituation
Kaffeestäube werden in der Regel als produktionsspezifische Abfälle entsorgt. Das Unternehmen plant eine neue Pelletieranlage, um die Umleitung des Materialflusses in ein hochwertiges Produkt, einen organischen Dünger, zu ermöglichen.
Beschreibung der Maßnahme
Der zu behandelnde Staub enthält zerkleinerte Kaffeehäutchen der Kaffeebohne und wird durch eine Windsichtung in die Grob- und Feinstaubanteile aufgetrennt. Die Feinstaubfraktion wird durch eine Siebung von Kunststofffäden der Kaffeesäcke befreit und anschließend in einem Mischer homogenisiert. Der homogene Staub wird anschließend pelletiert und in einem Außensilo für den Abtransport gelagert. Die Pelletieranlage ersetzt zusätzlich den Presscontainer für die Entsorgung. Der Einsatz dieser Pellets ist als Dünger geplant und kann auch als nachwachsender Brennstoff eingesetzt werden.
Wirkweise/Maßnahmentyp
Das Ergebnis der Maßnahme ist eine hohe Abfallvermeidung beim Unternehmen verbunden mit einer Veränderung des Ressourcen- und Energieeinsatzes im Recyclingprozess der Pelletieranlage und des Windsichters.
Erkenntnisse bezüglich der Anwendung des ESTEM-Webtools
Aufgrund des Cut-off-Ansatzes beim ESTEM-Webtool werden die Einsparungen, die nun außerhalb des Unternehmens durch die Substitution von Dünger erfolgen, nicht betrachtet. Die Einsparungen würden bei einem anderen Unternehmen auftreten, das auf der Inputseite alternativ die Pellets als Dünger einsetzt. Somit verursacht die Behandlung der Produktionsreste beim produzierenden Unternehmen nur zusätzliche Emissionen. Erst wenn die Systemgrenzen erweitert werden, könnte der positive Beitrag zur Emissionsminderung dargestellt werden.
Dies ist ein Fallbeispiel, das durch das einfache ESTEM-Berechnungsverfahren nicht abgedeckt wird. In diesem Fall wären eine ausführliche Beschreibung und Begründung der Maßnahmen jenseits der Anwendung des ESTEM-Webtools erforderlich. Solche Fälle sind sinnvollerweise mit einer ausführlichen LCA- oder CF-Analyse zu behandeln.
[1] Vgl. EU Kommission (2021):
Empfehlung 2021/2279 der Kommission „zur Anwendung der Methoden für die Berechnung des Umweltfußabdrucks zur Messung und Offenlegung der Umweltleistung von Produkten und Organisationen entlang ihres Lebenswegs“ vom 15. Dezember 2021. Amtsblatt der Europäischen Union L 471/1 (30.12.2021).
[2] VDI 4800 Blatt 1:2016:
Ressourceneffizienz – Methodische Grundlagen, Prinzipien und Strategien, Verein Deutscher Ingenieure e.V., Beuth Verlag, Berlin. Wiedergegeben mit Erlaubnis des Verein Deutscher Ingenieure e.V.
Leitfaden als PDF herunterladen.